Die Zinsschlacht hat begonnen, muss ich überhaupt noch investieren?
von Marc André Buczek
Mit den zuletzt deutlichen Zinsschritten der europäischen Zentralbank kehrt auch eine fast schon in Vergessenheit geratene Ertragsform zurück: Zinsen auf Bankguthaben. Spätestens mit den medienwirksamen Zinsverkündigungen der Neobroker Scalable & TradeRepublic wächst auch der Druck auf traditionelle Banken. Bei Guthabenzinsen auf liquide Investments um die 2 % p.a., nehme ich im Kunden,- Freundes- und Bekanntenkreis häufiger Erleichterung wahr. Die unbequeme Suche nach einer alternativen Anlageform scheint beendet. Liquide Konten sind wieder mehr als ein reiner Sparschweinersatz.
Doch ist diese Vorgehensweise sinnvoll?
Schauen wir rein auf den nominalen Zins von 2%, so ist dieser im Verhältnis zu den letzten Jahren durchaus attraktiv. Ausschlaggebender für ein Investment sollte jedoch der Realzins sein, also der Zins abzüglich der Inflationsrate. Bei einer Inflation von zuletzt 8,7% (YoY), beträgt der reale Zins damit faktisch -5,7 % p.a.. Damit ist der Realzins bedeutend niedriger als noch vor einigen Jahren, als wir im Nullzins feststeckten, die gemessene Inflationsrate jedoch deutlich unter 2% verharrte. Insbesondere für langfristige Investments ist folglich die Suche nach einer realen Rendite wichtiger als zuvor.
Aber heute investieren, ist das nicht der falsche Zeitpunkt?
Mit den heutigen Rahmenbedingungen Krieg in Europa, Energiekrise, Inflation, Kursen nahe den Höchstständen und vielen mehr, mag der Einstieg in die Kapitalmärkte schwerfallen. Historisch gesehen, ist gestern der beste Einstiegszeitpunkt gewesen. Studien zeigen, dass bei regelmäßigen jährlichen Investments, selbst mit dem Schlechts möglichen Timing, langfristig eine höhere Rendite erzielt wurde, als wenn nicht investiert wird. Wie ein altes Börsianer Sprichwort so schön sagt: „it’s not about timing the market, but about time in the market“. Auch ein Grund, warum wir bei der Ringelstein & Partner Vermögensbetreuung Langfristinvestoren sind und versuchen in unruhigen Zeiten ruhige Hand zu bewahren und nicht in kurzfristigen Aktionismus zu verfallen.
Zudem ergeben sich durch den Zinsanstieg am Kapitalmarkt ebenfalls neue Möglichkeiten. Selbst kurzlaufende Staats- und Unternehmensanleihen mit guter Bonität bieten wieder attraktive Renditen oberhalb des Einlagenzinssatzes.
Lange Rede kurzer Sinn, für Gelder die als Notfallreserve gedacht sind oder die in den nächsten 12-24 Monate benötigt werden, ist der Zinsanstieg ein warmer Nieselregen. Für eine langfristige Kapitalanlage erachte ich jedoch ein breites Investment am Kapitalmarkt für sinnvoller.