Schutz für Familie & Vermögen
7 Praxiserfahrungen und Handlungsempfehlungen
zum Schutz von Familie und Vermögen
von Thorsten Klinkner
Was in anderen Ländern als „estate planning“ oder „Strukturen aufbauen“ positiv positioniert ist, wird in Deutschland eher mit dem Gedanken an „Ruhestand“ oder mit „abgeben, aufhören, loslassen“ verbunden. Diese mental sehr eng mit Alter und Tod verknüpfte Vorstellung führt oft dazu, dass gerade aktive und gestaltende Persönlichkeiten die Auseinandersetzung mit dem eigenen Testament immer wieder aufschieben. Dabei geht es in der Nachfolgeplanung um viel mehr als nur die Regelungen für den Todesfall.
Wann ist also der richtige Zeitpunkt? Welche Konfliktquellen und Handlungsempfehlungen gibt es? Lesen Sie dazu den Gastbeitrag von Rechtsanwalt und Steuerberater Thorsten Klinkner.
1. Einleitung
„Warten auf den richtigen Moment“– so könnte man die Nachfolge- und Nachlassplanung bezeichnen. Was in anderen Ländern als „estate planning“, „wealth management“ oder „Strukturen aufbauen“ positioniert ist, wird in Deutschland eher mit „Ruhestand“ oder mit „aufhören und loslassen“ verbunden. Diese mental sehr eng mit Tod und Alter verknüpfte Vorstellung führt eher dazu, dass dies zur Schreckensvorstellung für aktive und gestaltende Persönlichkeiten wird. Dem weltberühmten österreichischen Neurologen und Psychologen Viktor E. Frankl (1905 – 1997) folgend, ist es ein zentraler Aspekt menschlichen Lebenssinns, etwas aktiv zu tun und dabei etwas zu gestalten und zu bewirken. Diesen Lebenssinn durch aktive Tätigkeit kann man nach meiner Beratungserfahrung hervorragend mit einer „Vermögensnachfolgeplanung“ verbinden. Ich empfehle, das Thema als Aspekt aus dem Risikomanagement zu betrachten. Oder um es mit den Worten aus Erich Kästners Neujahrsspruch zu sagen: „Leben ist immer lebensgefährlich“. Es gibt keinen „richtigen Zeitpunkt“ für diese Themen. Es geht vielmehr darum, sich auf das „Plötzliche und Unerwartete“ vorzubereiten – es kann jeden treffen, jederzeit. Unabhängig von Vermögen und Prominenz. Wenn einmal durchdacht wurde, was für den „worst case“ geregelt sein soll und dann die entsprechenden Regelungen umgesetzt sind, schwinden die damit verbundenen Sorgen. Man hat alles Erforderliche getan! Das getan, was man tun konnte. Und das ist in jedem Alter sinnvoll. Es passiert sonst nichts! Man kann weiter aktiv sein und muss nicht in den „Ruhestand“
2. Der richtige Zeitpunkt
Wann ist nun der richtige Zeitpunkt? Gerade in jungen Jahren ist Nachfolgeplanung als Risikomanagement sehr sinnvoll. Man ist viel unterwegs und oft risikobereiter, die Familie ist in der Gründungsphase oder die Kinder noch klein und auf die Eltern angewiesen. In der Regel ist das Vermögen noch im Aufbau, es gibt noch keine eigene Immobilie und keine hohen Summen in der Risikolebensversicherung. Für viele überraschend besteht in dieser Phase des Lebens unbedingt Regelungsbedarf – vielleicht nicht in erster Linie in der Erbschaftssteuer, dafür bei Vollmachten oder im Sorgerecht.
Das bedeutet auch, dass dieses Durchdenken und Regeln kein einmaliger Akt „im hohen Alter“ ist, sondern immer wieder in unterschiedlichen Lebensphasen passieren muss. Und im Idealfall die Dokumente entsprechend geprüft und angepasst werden sollten. Es ist eine regelmäßige Gestaltungsaufgabe an der Schnittstelle von Familie, Unternehmen und Vermögen. Aus diesem Blickwinkel verliert die Vermögensnachfolgeplanung ihren Schrecken. Warum also verschieben oder verdrängen? Nach meiner Erfahrung ist der richtige Zeitpunkt klar zu identifizieren: Beginnend mit der Familienplanung alle zwei Jahre.
3. Den Ehepartner absichern
Die meisten Vermögensinhaber haben den Wunsch, den Ehepartner abzusichern und auch die Ehepartner, die am Familien- und Vermögensaufbau beteiligt sind, möchten eine Sicherheit erhalten. Hier ist empfehlenswert, zunächst zu prüfen, welche Verträge es bereits überhaupt gibt. Greifen die Regelungen eines Ehevertrags hier? Was regelt ein Testament?
In der Praxis besteht durch das sog. Berliner Testament häufig eine Bindungswirkung. Existieren Versicherungsverträge?
Auf dieser Basis kann dann einmal gedanklich durchgespielt werden, was bei plötzlicher schwerwiegender Krankheit oder Tod des Ehepartners passiert. Ich empfehle, die oben genannten Verträge und Absicherungen „über Kreuz“ zu gestalten (siehe STIFTERBRIEF).
4. Kinder absichern
Ebenso wie den Ehepartner, gibt es den Wunsch die Kinder abzusichern. Hier gibt es oft den Irrglauben, dass ohne individuelle Regelungen die Großeltern, Paten oder andere nahe Verwandte als Vormund automatisch eingesetzt werden.
Zunächst müssen die individuellen Fakten wie Anzahl und Alter der Kinder, Ausbildungsstand, besondere Situationen oder Beeinträchtigungen, analysiert werden. Auf dieser Basis kann dann durchdacht werden, was mit den Kindern passieren soll, wenn die Eltern beide versterben, z.B. bei einem Verkehrsunfall. Wer soll die Vormundschaft übernehmen? Sollen und können die Geschwister zusammenbleiben? Wie wird das finanziert und wer wird die Kinder aufnehmen? Gibt es einen im idealen Fall vertrauten Ansprechpartner? Es ist auch zu durchdenken, ob eine zweite Person für die Verwaltung von Vermögenswerten eingesetzt werden soll.
5. Die Existenz des Unternehmens sichern
Das Unternehmen ist neben der Familie für einen Unternehmer der zentrale Bereich, der bei einer Vermögensnachfolgeplanung beachtet werden muss. Was passiert, wenn der Unternehmer handlungsunfähig wird oder plötzlich verstirbt? Niemand ist unersetzbar, aber eben auch nicht genauso zu ersetzen, denn es wird denselben Unternehmer kein zweites Mal geben. Hier ist zu diskutieren, ob Bereiche aufgeteilt werden, Strukturen geschaffen werden, die für diesen Notfall tragfähig sind. Vielleicht gibt es auch einen Vertrauten, dem die Verantwortung übertragen werden kann und der dem Unternehmen durch seine eigene Persönlichkeit eine neue oder weiterentwickelte Prägung gibt.
6. Organisation
Es ist zentral, dass die vorhandenen Informationen verfügbar gemacht werden. Im Fall des Falles muss klar und transparent sein, wer Ansprechpartner für die unterschiedlichen Themen ist und wer Vertrauensperson. Wichtig ist, dass Passwörter und Dokumente auffindbar sind und somit die sofortige Handlungsfähigkeit garantiert ist.
7. Klare Regelungen schaffen
Konflikte entstehen aus enttäuschten Erwartungen. Deshalb empfehle ich erstens, klare Regelungen zu schaffen und diese – soweit möglich – an alle Beteiligten transparent zu kommunizieren. Zweitens die geschaffenen Strukturen regelmäßig zu prüfen und anzupassen und drittens Vermögensnachfolgeplanung nicht als einmaligen Akt zu sehen, sondern als Risikomanagement zu betrachten.
Für unternehmerisches Vermögen oder Immobilienbestände, für Vermögenswerte, die als einheitliche Substanz zusammengehalten und geschützt werden sollten, bietet sich z.B. eine Stiftung als Ordnungsrahmen an.
Über den Autor:
Rechtsanwalt und Steuerberater Thorsten Klinkner ist Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der Rechtsanwalts- und Steuerberatungsgesellschaft UnternehmerKompositionen GmbH aus Meerbusch bei Düsseldorf. Sie ist etablierte Spezialdienstleisterin für die rechtlich, steuerlich und strategisch tragfähige Errichtung von Familienstiftungen als Instrument einer zukunftsorientierten Eigentümerstruktur. Thorsten Klinkner ist zudem Vorstand mehrerer Stiftungen und veröffentlicht regelmäßig Bücher und Artikel rund um das Stiftungsrecht und dessen praktische Anwendung im In- und Ausland.
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